Anpassungen im Betriebsrentengesetz

Versicherungsvertragliche Lösung wird zum Automatismus

Ein Automatismus im Gesetz bedeutet noch lange nicht, dass alles automatisch richtig läuft

In Zeiten von Corona haben Sie sicherlich nicht noch Zeit oder gedanklichen Freiraum für Gesetzesänderungen, doch mit dem kürzlich verabschiedeten Gesetzesentwurf wurden wichtige Bestandteile im Betriebsrentengesetz verändert. Diese Anpassungen sollen für Haftungsarmut für den Arbeitgeber in der betrieblichen Altersvorsorge sorgen, doch schaffen sie auch weitreichende Stolperfallen. In diesem Beitrag werden mögliche Szenarien dargestellt und wie Sie sich und Ihren Betrieb vor Schäden schützen sollten. Weitere Anpassungen des Gesetzestextes (PSV-Pflichtbeitrag) werden in einem weiteren Newsbeitrag besprochen.

Änderung des §2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG)

Im Gesetzestext werden in §2 Absatz 2 in Satz 2 BetrAVG die Wörter „auf Verlangen des Arbeitgebers“ gestrichen. Dieser vermeintlich kleine Eingriff hat große Auswirkungen, so wird nicht mehr die versicherungsvertragliche Lösung vom Versicherer durch den Arbeitgeber verlangt (nach Ausscheiden aus dem Betrieb, innerhalb von 3 Monaten), sondern wird jetzt zum gesetzlichen Regelfall. Zu beachten ist, dass diese versicherungsvertragliche Lösung nur dann angewandt wird, wenn keine Beitragsrückstände bestehen. Diese Änderung betrifft nur die Durchführungswege Direktversicherung und Pensionskasse mit beitragsorientierter Leistungszusage (Bolz).

Vorherige Situation und Erklärung der versicherungsvertraglichen Lösung

Die versicherungsvertragliche Lösung begrenzt die Höhe der erdienten Ansprüche auf den Zeitraum, in welchem tatsächlich Beiträge in die bAV eingezahlt wurden. Wurde die Erklärung der versicherungsvertraglichen Lösung an den Versicherer zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber versäumt, so werden die erdienten Ansprüche auf die gesamte Dienstzeit verteilt (ratierliches Berechnungsverfahren à Verhältnis von tatsächlichen Dienstjahren zu möglichen Dienstjahren). Die Wertigkeiten der Rentenleistungen sind oftmals höher, als die tatsächlich eingezahlten Werte – hier steht der Arbeitgeber in der Einstandspflicht (§ 1 Absatz 1 Satz 3 BetrAVG) die Differenz auszugleichen.

 

Aktuelle Situationnach der Gesetzesanpassung

Als Voraussetzung bleiben jedoch die Auflagen aus §2 Absatz 2 Satz 2 BetrAVG bestehen. Werden diese Auflagen nicht erfüllt, dann greift nicht die versicherungsvertragliche Lösung, sondern die Subsidiärhaftung des Arbeitgebers.

  • Bei der Direktversicherung: 3 Monate nach Ausscheiden erhält der Arbeitnehmer unwiderrufliches Bezugsrecht und der Vertrag hat keine Beitragsrückstände, ist nicht beliehen oder abgetreten
  • Arbeitnehmer hat das Recht die Versicherung mit eigenen Beträgen fortzuführen
  • Überschussanteile sind zur Verbesserung der Versicherungsleistung anzuwenden

 

Hier müssen Sie als ArbeitgeberIn aufpassen! – Konflikt mit der Gesetzgebung (§4 BetrAVG)?!

Mit der versicherungsvertraglichen Lösung als Regelfall, soll die Abgrenzung erleichtert werden und das Haftungsrisiko des Arbeitgebers genommen werden, doch es gibt eine Stolperfalle. Die Abgrenzung ist jetzt automatisch, aber eine saubere Übertragung noch lange nicht!

Wenn Sie als Arbeitgeber eine bestehende Versorgungszusage auf einen neuen Arbeitgeber (mit erforderlicher Einwilligung des Arbeitnehmers) nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers übertragen, dann wollen Sie einen sauberen und klaren Abschluss. Durch die versicherungsvertragliche Lösung und klare Willenserklärungen auf Grundlage der bestehenden Versorgungszusage sind Sie auf der sicheren Seite.

In §4 des BetrAVG ist die Übertragung geregelt. Der neue Arbeitgeber übernimmt entweder die arbeitsrechtliche Zusage der bAV oder den geldlichen Wert des Versicherungsvertrages. Es besteht aber in der Praxis die Gefahr, dass nur der Versicherungsvertrag übertragen wird, ist dies der Fall, so handelt es sich um eine Versicherungsvertragsübernahme mit allen inhaltlichen Rechten und Pflichten, aber nicht um eine rechtsgültige schuldbefreiende Übertragung der bAV nach §4 BetrAVG.

 Nur die Zusage oder der Wert wird übertragen. Ein Versicherungsvertrag ist keine Zusage. Nur wenn diese Bedingung eingehalten wird findet eine schuldbefreiende Übertragung vom alten auf den neuen Arbeitgeber statt.

Hierzu ein Beispiel:

So wird es richtig gemacht:

  • AN (Arbeitnehmer) wird durch alten AG (Arbeitgeber) beim Versicherer abgemeldet
  • Automatisch versicherungsvertragliche Lösung
  • Versicherer überschreibt den Versicherungsvertrag von AG auf AN (VN=VP), Achtung! arbeitsrechtliche Zusage zur bAV verbleibt trotzdem beim alten AG  
  • Arbeitsrechtliche Zusage des abgebenden AG oder Wert aus dem Versicherungsvertrag müssen an neuen AG übertragen werden – sonst keine schuldbefreiende Übertragung nach §4 BetrAVG

So wird es falsch gemacht:

  • AN findet neuen AG
  • Neuer AG stellt AN ein und übernimmt den vorgelegten Versicherungsvertrag (Versicherungsnehmerwechsel neuer AG wird zum Versicherungsnehmer)
  • Neuer AG übernimmt somit keine bAV, sondern einen privaten Versicherungsvertrag mit allen Rechten und Pflichten – demnach keine schuldbefreiende Übertragung und keine fortlaufende bAV nach den gesetzlichen Vorschriften!
  • Beim alten AG besteht immer noch die arbeitsrechtliche Zusage zur bAV – Ansprüche des AN vom alten AG sind nicht erloschen!

Ein Automatismus im Gesetz bedeutet also noch lange nicht, dass alles automatisch richtig läuft.

Sorgen Sie für klare Willenserklärungen, die genau darstellen, was mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintritt. Legen Sie fest, dass bei der Abmeldung die Zusage erlischt und die Übertragung der Versorgungszusage oder des Wertes auf einen neuen Arbeitgeber ermöglicht wird.

Um Rechtssicherheit und Entlastung in der Verwaltung zu schaffen, bietet sich die Möglichkeit der Einsetzung eines Pensionsmanagement an. Wir übernehmen für Sie die Anforderungen, stehen bei Fragen für Sie zur Verfügung und sorgen dafür, dass die versicherungsvertragliche Lösung die fortlaufende bAV nicht gefährdet.

Quellen:

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